Haushaltsrede 2022

Kranenburg, 14.12.2021

Beitrag zum Haushaltsentwurf der Gemeinde Kranenburg für das Jahr 2022

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Böhmer,

sehr geehrte Kollegen*innen des Gemeindesrates,

sehr geehrte Damen und Herren

 

Die Fraktion der Wählergemeinschaft Bürgerdialog nimmt mit diesem Beitrag Stellung zum geplanten Haushalt der Gemeinde Kranenburg für das Jahr 2022.


Zunächst einmal möchten wir Ihnen Herr Bürgermeister Böhmer, und der gesamten Verwaltung für die geleistete Arbeit des vergangenen Jahres danken. Angesichts der besonderen Herausforderungen im zweiten Pandemiejahr waren die zu bewältigenden Aufgaben enorm und stellten für alle eine besondere Belastung dar.

Trotz der schwierigen Umstände standen Sie mit Ihrer Verwaltung den Bürgerinnen und Bürgern zur Seite.

Dafür sprechen wir ihnen ausdrücklich unseren Dank aus.


An dieser Stelle möchten wir aber auch an die über 600 Menschen der Gemeinde denken, die bisher an Covid 19 erkrankt sind. Wir denken an die Familien, die einen Menschen in dieser Situation verloren haben und an die, die an den Folgen der Pandemie leiden. Genesungswünsche gehen an die derzeit erkrankten Menschen unserer Gemeinde. Für das kommende Jahr haben wir die Hoffnung, dass wir als Gesellschaft die Pandemie gemeinsam überwinden und unsere Freiheiten wiedererlangen.

Erfreulicherweise sind die coronabedingten Ausfälle im Haushalt geringer ausgefallen, als noch zu Beginn des zurückliegenden Haushaltsjahres zu befürchten war. Der Überschuss in Höhe von 300.000€ ist zum Jahresende eine gute Nachricht.

Für die kommenden Jahre sind die Aussichten allerdings nicht so rosig. Dabei liegen die Ursachen dafür nicht so sehr bei den coronabedingten Folgen, sondern bei den geplanten Investitionen bei Bau – und Sanierungsvorhaben. Dabei sind die Ausgaben für den Straßenbau, Ausbau des Glasfasernetzes, Modernisierung von Schulen und der Feuerwehrhäuser unstrittig.

Kopfzerbrechen haben uns allerdings die Planungen zur Sanierung des Bürgerhauses bereitet. Bei Ausgaben von über 3 Mio. € gibt es berechtigte Bedenken, weil bei den Planungen energetische Sanierungsmaßnahmen sehr gering ausfallen. Die Wählergemeinschaft Bürgerdialog hat diesen Maßnahmen nur zugestimmt, weil sonst erhebliche Fördermittel (nach Angaben der Verwaltung) weggefallen wären.

Die Wählergemeinschaft Bürgerdialog ist seit nunmehr einem Jahr mit drei Sitzen im Rat der Gemeinde Kranenburg vertreten. Sicherlich war vieles für uns neu und wir konnten nicht auf die Erfahrungen vieler Jahre Ratsarbeit zurückgreifen. Dennoch ist es uns gelungen, gemeinsam mit der SPD und dem Bündnis 90/Grüne in der Listenverbindung, die Entscheidungsmechanismen in der kommunalen Arbeit zu verändern. Gegen den Willen des Bürgermeisters und der CDU haben wir die Einrichtung eines Ausschusses für Bürgeranliegen und Strukturfragen durchgesetzt. Dieser Ausschuss dient aber nicht dazu, um bei den Parteien weitere Posten zu schaffen, wie es gerne von der CDU kolportiert wird, sondern hat einen realen Hintergrund. Die Wählerinnen und Wähler haben mit ihrem Votum deutlich gemacht, dass sie sich mehr Transparenz und aktivere Beteiligung wünschen.

Vertrauen der Bürger*innen in die Arbeit der politischen Gremien und Respekt der politisch Verantwortlichen vor den Sorgen und Bedürfnissen der Menschen sind die zentralen Inhalte einer bürgernahen Politik.

Beides, so scheint es, ist den „großen Volksparteien“ abhandengekommen.

Die Belege dafür sind eindeutig. Schauen wir nur auf die Ergebnisse der letzten Kommunalwahl, als sich weniger als 50% der Kranenburger an der Entscheidung beteiligen wollten. Auch das Ergebnis der hinter uns liegenden Bundestagswahl ist deutlich: „Die Menschen wollen nicht so weitermachen, wie bisher“!

Offensichtlich gibt es immer noch weit auseinandergehende Vorstellungen davon, wie echte Bürgerbeteiligung aussehen muss. Die CDU und der Bürgermeister gehen davon aus, dass es ausreicht, die Meinung der Bürger*innen einzuholen. Dabei ist das nur eine Vorstufe der Bürgerbeteiligung.

Echte Beteiligung beginnt erst bei der Mitwirkung, steigert sich bei Mitentscheidung und ist mit der Entscheidung der Bürger über ein Vorhaben die stärkste Form. In den Vorträgen der Stiftung Mitarbeit und des Bürgermeisters der Stadt Dorsten wurde das ausführlich dargestellt.

Besonders deutlich wurden die unterschiedlichen Auffassungen bei den Haushaltsberatungen 2022 in der Sitzung des Haupt– und Finanzausschusses. Dort fand der Antrag der Wählergemeinschaft Bürgerdialog zur Beauftragung eines unabhängigen Prozessbegleiters zur Bürgerbeteiligung bei den Entwicklungen zur „Großen Straße“ deutliche Ablehnung beim Bürgermeister und der CDU. Von dort wird ein sogenannter „Quartiermanager“ favorisiert, der die Meinungen der Beteiligten einholt, die bei der Entwicklung eines Stadtentwicklungskonzeptes Berücksichtigung finden sollen. Dieser wird dann vom Bürgermeister und der Verwaltung ausgewählt und beauftragt. Genau so wurde es bei allen bisherigen Konzepten zur Großen Straße gemacht und hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt stehen.

Jetzt ist es an der Zeit die Sache anders anzupacken! Echte Bürgerbeteiligung bietet dazu die Chance und hat auch die notwendigen Instrumente. Bei diesem Dauerstreit um die Große Straße gibt es unterschiedliche Interessen. Da sind die Geschäftsleute, die Gastronomen, die Anwohner, Bürger für Bürger und die Menschen, die den Ortskern gern wieder als Mittelpunkt ihres Heimatortes haben wollen. Alle haben ein berechtigtes Anliegen!

Von einer Lösung dieses Problems sind wir weiter entfernt als jemals zuvor.

Dieser Knoten lässt sich nur durchtrennen, wenn wir Vertreter alle „berechtigten Anliegen“ in einer Projektgruppe zusammenbringen und mit Hilfe eines unabhängigen Moderators eine konsensfähige Basis für weitergehende Planungen und Beschlüsse erarbeiten. Politik und Verwaltung sollen den notwendigen Rahmen dafür bereitzustellen, müssen sich in dieser Phase aber komplett heraushalten.

Erst dann kann man mit den notwendigen Planungen beginnen.

Damit erhalten wir ein solides Fundament, auf das wir bauen können.


Hinsichtlich der Flächennutzung in der Gemeinde gibt es ebenfalls unterschiedliche Auffassungen. Bürgermeister Böhmer und die CDU möchten der Anfrage nach Bau- und Gewerbegebieten großzügig nachkommen, ohne dabei die ökologischen Folgen weiterer Flächenversiegelung gebührend zu berücksichtigen. Weitere Verluste an natürlichen Flächen verschlechtert den eh schon besorgniserregenden Zustand unseres biologischen Fundamentes und ist ein Kredit zu Lasten der nächsten Generationen. Daher hat der Erhalt von natürlichen Flächen höchste Priorität und Flächenverlust muss die Ausnahme werden. Selbstverständlich wollen wir einheimische Betriebe fördern und Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung bereitstellen. Das soll jedoch, soweit möglich, nicht zu weiteren Belastungen der Umwelt und der Natur führen. Die Ausweisung neuer Bau- und Gewerbegebiete muss daher restriktiv erfolgen und strikt an klimaneutrale Baubedingungen geknüpft werden.


Die neuen Geschäfte am „Weidepark“ haben ihren Betrieb aufgenommen. Obwohl erst zwei der vier geplanten Geschäfte geöffnet haben, ist jetzt schon erkennbar, dass die Parkplätze dazu nicht ausreichend dimensioniert sind. Hinzu kommt, dass es bei der erwarteten Steigerung des Geschäftsaufkommens um 20 – 30 Prozent zu einer weiteren Überlastung unserer Verkehrsinfrastruktur kommt. Schon jetzt berichten daher viele Kranenburger, dass sie zum Einkaufen lieber nach Kleve fahren. Besonders an den Wochenenden ist die Verkehrssituation belastend und geht zu Lasten der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde.


Wir stärken das Fahrrad als klimaneutrales und alltagstaugliches Allround-Verkehrsmittel für bessere, sichere und saubere Mobilität“!

Zitat des neuen Ministerpräsidenten von NRW (Hendrik Wüst, CDU)

In Kranenburg ist das leider nicht so. Hier hat das Auto immer noch Vorrang. Alle diesbezüglichen Anträge zur Verbesserung der Fahrradinfrastruktur wurden abgelehnt oder zurückgezogen. Große Verwunderung hat die Ablehnung der Verwaltung für die Verbesserung der Sicherheit an den Übergängen Europabahn – Frasselter Weg und am Galgensteeg hervorgerufen. „Die Ausstattung der Übergänge mit Ampelanlagen sei einfach zu teuer und komme deshalb nicht in Frage.“

Das ist unverständlich, zumal der Übergang am Galgensteeg direkter Schulweg zur Euregio Schule ist und es am Übergang Frasselter Weg mindestens 2 Ereignisse mit Personenschäden gegeben hat.

Beim Übergang am Hettsteeg spielten die Kosten für eine Ampelanlage offenbar keine Rolle.

Ausdrücklich begrüßen wir den weitergehenden Ausbau des Glasfasernetzes, sodass auch bisher nicht angeschlossenen Gebiete ausreichende Internetversorgung erhalten.

Zum Abschluss der Ausführungen möchten wir betonen, dass die Wählergemeinschaft Bürgerdialog weiterhin bereit ist an der kommunalen Entwicklung konstruktiv mitzuwirken. Unser besonderes Anliegen ist dabei die Stärkung der demokratischen Bürgerbeteiligungsformen. Wir sind der festen Überzeugung, dass weitergehende Beteiligungsrechte zur Stärkung der repräsentativen Demokratie führen. Das stärkt Vertrauen in die Institutionen und bereichert den politischen Diskurs.

Wir wünschen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2022.

 

Fraktion Wählergemeinschaft Bürgerdialog

Zurück