Haushaltsrede 2023

Beitrag zum Haushaltsentwurf der Gemeinde Kranenburg für das Jahr 2023


Sehr geehrter Herr Bürgermeister Böhmer,

sehr geehrte Damen und Herren des Gemeindesrates,

 

Die Fraktion der Wählergemeinschaft Bürgerdialog nimmt mit diesem Beitrag Stellung zum geplanten Haushalt der Gemeinde Kranenburg für das Jahr 2023.


An dieser Stelle möchten wir uns ausdrücklich bei Ihnen Herr Bürgermeister Böhmer und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit des vergangenen Jahres bedanken. Anfang des Jahres waren wir alle noch voller Zuversicht, den Krisenmodus aufgrund der Coronapandemie alsbald verlassen zu können, doch gerade als sich dort Entspannung ankündigte, zerstörte der schreckliche Krieg in der Ukraine alle Hoffnungen auf Normalität. Sofort waren die Mitarbeiter der Verwaltung erneut erheblich gefordert, die Auswirkungen auf unsere Gemeinde zu bewältigen. Dies haben sie mit Sorgfalt und Engagement gemacht und deshalb gebührt ihnen ein besonderer Dank.

 

Der Blick auf den Haushalt des zurückliegenden Jahres zeigt eine positive Entwicklung durch die Mehreinnahmen aus der Gewerbe- und Einkommenssteuer. Damit werden aus einem erwarteten Fehlbetrag von 1,6 Millionen Euro ein Plus von 1,5 Millionen Euro.

Mit diesen zusätzlichen Einnahmen ergeben sich Rücklagen in Höhe von 9,5 Millionen Euro, die wir in den nächsten Jahren auch nötig haben.


Kämmerer Guido Miesen betont deutlich, dass bei Durchführung aller geplanter Vorhaben der nächsten Jahre die gesamten Rücklagen aufgebraucht werden. Danach ist eine Aufnahme von Investitionskrediten unumgänglich.

Die größten Posten dabei sind der Neubau der Feuerwache in Kranenburg, der Umbau des Bürgerhauses, die Erweiterung der Grundschule in Nütterden und die Erschließung des Neubaugebietes Hasenpütt.

Besonders die Projekte zum Umbau des Bürgerhauses und die Erweiterung der Grundschule in Nütterden, waren während der Entscheidungsfindung umstritten. Die tatsächlich entstehenden Kosten sind angesichts der steigenden Energie – und Baustoffkosten nur schwer zu kalkulieren. Offen bleibt auch weiterhin, wie energetische Sanierung des Daches vom Bürgerhaus erfolgen soll.

Bei der Erschließung neuer Baugebiete im Gemeindegebiet geraten die steigenden Energie -und Baukosten weiter in den Fokus. Wenn man dann auch noch die steigenden Bauzinsen betrachtet, ergibt sich die Frage, wer sich in Zukunft noch ein Eigenheim in Kranenburg leisten kann. Selbst für Familien mit mittleren Einkommen wird das nicht mehr möglich sein und nur Besserverdienenden und Investoren vorbehalten sein. Deshalb dürfen wir in den nächsten Jahren die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen nicht aus den Augen verlieren.

Die konstruktive Bürgerbeteiligung ist weiterhin ein zentrales Anliegen der WG-Bürgerdialog. Leider werden die reinen Begriffe Bürgerbeteiligung und Partizipation immer noch als Reizthemen wahrgenommen. Allein das Ansprechen dieser Themen führt bei einigen Ratsmitgliedern und dem Bürgermeister zu Blutdruckschwankungen. Das ist umso bedauerlicher, weil immer deutlicher wird, dass wir mit unseren politischen Entscheidungen und Ansichten einen großen Teil der Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Gemeinde nicht mehr erreichen.

Der Blick auf die Wahlbeteiligungen der letzten Kommunalwahl und der soeben durchgeführten Landratswahl sprechen Bände. Hier müssen die Alarmglocken aller Demokraten Sturm läuten. Wenn wir es nicht mehr schaffen, die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in die demokratische Verantwortung zu bringen, verlieren wir die politische Legitimität.

Unser demokratisches Gesellschaftssystem ist auf ein tragendes Fundament mit politischer Verantwortung der Mehrheiten angewiesen. Diese Verantwortung bezieht sich nicht nur auf die Ausgestaltung seiner persönlichen Lebensverhältnisse, sondern auch auf die Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und der geht gerade immer mehr verloren. Die Spaltung der Gesellschaft ist deutlich spürbar.

Den Kommunen kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, denn dort ist der Kontakt zu den Menschen am größten.

Bürgerbeteiligung, wie sie von der WG Bürgerdialog gefordert wird, ist nicht Selbstzweck oder Hascherei nach Aufmerksamkeit, sondern ein Weg die Bürgerinnen und Bürger in die demokratischen Entscheidungsprozesse zu integrieren und die große Masse der „Enttäuschten“ oder „Gleichgültigen“ in die politische Verantwortung zurückzuholen.

Wenn uns das nicht gelingt, entsteht ein politisches Vakuum, das Raum gibt für Reichsbürger, Querdenker und Anhängern von QAnon und AFD.

Deshalb ist es die Aufgabe aller im Rat vertretenen Fraktionen, diesen Raum nicht aufzugeben und die Bürgerinnen und Bürger in die kommunale Familie einzubinden.

 

Die WG-Bürgerdialog hat bei der Zukunftsgestaltung der „Großen Straße“ ganz besonders hart um eine umfassende und unabhängige Bürgerbeteiligung gekämpft. Leider sind Rat und Bürgermeister diesen Vorschlägen nicht gefolgt. Stattdessen wurde die Bürgerbeteiligung im integrierten Handlungskonzept dem Quartiersmanagement von ExpertConsult überlassen.

Die in dieser Verantwortung durchgeführten Workshops sind ehrlich gesagt, das Geld nicht wert, das wir dafür ausgeben. Die Rückmeldungen von Teilnehmern der ersten Workshops sind da eindeutig. Wie kann man auch nur auf die Idee kommen, Workshops als Bürgerbeteiligung verkaufen zu wollen, bei denen die Ergebnisse vom Veranstalter bereits vorgegeben sind.

Dazu ist es besonders ärgerlich, wenn Ratsmitglieder in der Presse von enttäuschenden Teilnehmerzahlen berichten, und öffentlich schlussfolgern, dass dann wohl wieder die Politik entscheiden müsse.

Hier sagen wir deutlich NEIN!! Das darf nicht die Antwort sein.

Vielmehr müssen wir als politisch Verantwortliche uns die Frage gefallen lassen, ob wir alles getan haben, um die Bürgerinnen und Bürger ausreichend zu motivieren und mitzumachen - bei ehrlich gemeinter Bürgerbeteiligung.

Für die Zukunft von Kranenburg und der politischen Kultur bleibt zu hoffen, dass wir die Mehrheit der Menschen dieser Gemeinde wieder hinter uns bringen können.


Mit Sorge blicken wir ins folgende Jahr, denn immer mehr Bürgerinnen und Bürger sind auf staatliche Unterstützung angewiesen. Inflation, steigende Energie - und Lebenshaltungskosten erzeugen Existenzängste. Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Fürsorge bekommt eine besondere Bedeutung. Die Verlegung des Sozialamtes in das Nebengebäude der Verwaltung in der Waldstraße halten wir für die falsche Entscheidung. Häufig war in den letzten Wochen zu beobachten, wie Antragsteller regelrecht an der Straße abgefertigt wurden. Sachbearbeiter des Sozialamtes haben die selbstschließende Tür mit dem Fuß offengehalten und die Anliegen mit Berechtigten besprochen. Die Berechtigten standen dabei im wahren Sinne des Wortes „auf der Straße“. Einen geschützten Wartebereich gibt es dort nicht.

Mit diesem Bild wird die Einteilung der Bürger 1. und 2. Klasse deutlich.

 

Es ist zu hoffen, dass wir hier Abhilfe schaffen können.

 

Den Abschluss unserer Ausführungen möchten wir mit der Hoffnung verbinden, dass wir den Krieg in der Ukraine und den damit verbundenen Hunger in den ärmsten Ländern der Welt überwinden.

Gerade in der Weihnachtszeit wollen wir an die denken, die mehr leiden als andere.

 

Wir wünschen allen eine gesegnete Weihnachtszeit, besinnliche Stunden im Kreis der Familie und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2023.


Wählergemeinschaft Bürgerdialog

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